Ein Baumveteran mit Geschichte – die Sommerlinde
In Gärten, Parkanlagen, lichten Wäldern und mitten auf dem Dorfplatz ist sie anzutreffen – die Sommerlinde (Tilia platyphyllos). Ihre herzförmigen Blätter sind unterseits gräulich-weiß behaart, daran kann man sie von ihrer Verwandten, der Winterlinde unterscheiden. Im Herbst verfärben sich die Blätter leuchtend gelb und verwandeln diese Allee vor dem grauen Winter noch einmal in ein wahres Farbspektakel. Linden können sehr alt werden, bis zu 1.000 Jahre kann so manch stattlicher Baum überdauern. Das liegt vor allem daran, dass Linden eine besondere Fähigkeit haben. Man könnte fast sagen, sie haben das Geheimnis ewiger Jugend entdeckt: Sie können immer wieder junge Innenwurzeln bilden, die aus dem Stamm heraus in den Boden wachsen, sich dort verankern und für die Bildung einer neuen, jungen Krone sorgen. Ihre lange Lebensdauer ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass sie im Laufe der Zeit so vielseitig von den Menschen verwendet wurde. Sie wurden zum Beispiel als Dorf- und Hausbaum gepflanzt und standen deshalb im Mittelpunkt des dörflichen Lebens. Tanzlinden und Gerichtslinden zeugen davon, dass diese Baumart im Zentrum des Schauplatzes vieler kultureller Ereignisse stand. Aber auch als Straßen- und Alleebaum wurde und wird die Sommerlinde verwendet, wie man hier eindrucksvoll sehen kann. Starke Abgase vertragen die Bäume aber nicht so gut, deshalb werden sie immer mehr durch andere Arten ersetzt.
Neben ihrer Langlebigkeit und der kulturellen Bedeutung hat die Linde aber noch viel mehr zu bieten. Ihr Holz wird häufig zum Schnitzen verwendet. Heute sind das eher dekorative Schnitzarbeiten, früher waren es aber auch alltägliche Gegenstände wie Löffel und Schüsseln. Außerdem lieferte die Linde damals den begehrten Bast, aus dem Schnüre und Seile hergestellt wurden. Zu guter Letzt trägt die Sommerlinde auch noch zur Gesundheit der Menschen bei – Lindenblütentee ist nach wie vor ein beliebtes Mittel zur Stärkung der Abwehrkräfte. Aber nicht nur bei den Menschen sondern auch bei den Bienen und anderen Insekten ist der Baum sehr beliebt, denn im Juni verströmen die blassgelben, kleinen Blüten der Sommerlinde ihren süßlichen Geruch. Immer 3-5 Blüten sind in hängenden Blütendolden angeordnet und jede von ihnen trägt reichlich Nektar, der den Bienen zur Produktion des bei uns so begehrten Lindenblütenhonigs verhilft. Gut also, dass hier noch so viele Sommerlinden anzutreffen sind, an denen sich Tiere und Menschen erfreuen können.
Quellen: LAUDERT, D. (2009): Mythos Baum: Geschichte – Brauchtum – 40 Baumporträts von Ahorn bis Zitrone. – BLV Buchverlag GmbH & Co. KG, München, 256 S.